Ziemlich clever: Allianz nutzt Skandal zur Expansion

„Heute sind wir so gut vorbereitet wie immer, wenn es zu schweren Marktverwerfungen kommen sollte.“ So dröhnte die US-Vermögensverwaltung der Allianz Global Investors. In den Marketing-Unterlagen beschrieb man die hauseigenen Structured Alpha Fonds als Allrad-Fahrzeuge, die in jedem Gelände vorankommen. Auf dem Höhepunkt der Pandemie freilich wurde offensichtlich: Das Allrad-Auto hatte sich böse verfahren und blieb schließlich im Morast stecken.

Die Hedgefonds mussten mit milliardenschwerem Verlust abgewickelt werden. Und die Kunden, vor allem US-Pensionsfonds, zogen vor Gericht. Die Structured Alpha Fonds entpuppten sich dabei nicht nur als schlimme Rohrkrepierer, sondern hier wurden insgesamt in mehreren Jahren 75 Risikoberichte gezielt gefälscht. Der zuständige Manager Greg Tournant hatte mit großer krimineller Energie die eigenen Kunden wie auch das Risikomanagement der Allianz getäuscht.

Schließlich fand die Allianz mit den Aufsichtsbehörden einen Vergleich. Man entschädigte die geprellten Pensionsfonds mit 3,2 Milliarden USD und bezahlte zudem eine Strafe in Höhe von 2,3 Milliarden USD. Der US-Börsenaufsicht war das freilich nicht genug, und so verhängte man für die US-Tochter quasi ein Geschäftsverbot. 10 Jahre lang darf man nun keine Fonds mehr in den USA vertreiben.

Die US-Vermögensverwaltung der Allianz lag also in Trümmern. Die Deutschen haben allerdings einen Ausweg aus der verfahrenen Situation gefunden. Man gab das toxische Geschäft an den US-Vermögensverwalter Voya Investment ab und übernahm im Gegenzug 24 % an Voya. Voya ist definitiv – selbst im globalen Maßstab – kein kleiner Fisch und verwaltet nun – inklusive der Vermögenswerte der Allianz-Tochter – weltweit rund 370 Milliarden USD.

Ende Oktober gewann man den US-Autoversicherer Allstate als neuen Kunden. Außerdem schluckt man in Tschechien einen mittelgroßen Vermögensverwalter für etwas über 700 Millionen USD. Von diesen Transaktionen bzw. Neuabschlüssen wird die Allianz nun profitieren. Im März 2020 war die Allianz-Welt ziemlich dunkel. Rund zwei Jahre später hat man die Scharte ausgewetzt und blickt nun wieder zuversichtlich nach vorne. Die Belastungen aus der Abwicklung des Hedgefonds wurden bereits im ersten Quartal 2022 abschließend verbucht.

Versicherer sind der große Profiteur steigender Zinsen

Die Auswirkungen der Fonds-Thematik auf den Gewinn der Allianz haben sich in konkreten Grenzen gehalten. Schließlich steuerte die US-Vermögensverwaltung ohnehin nur rund 5 % zum Gesamtumsatz bei. Zählen wir dazu noch das klassische Versicherungsgeschäft, erzielt Allianz einen Umsatzanteil von knapp 10 % mit dem US-Geschäft.

Der Reputationsschaden für die Marke Allianz war freilich gewaltig. So überrascht es auch nicht, dass der Kurs der Allianz-Aktie seit März 2020 nicht nur hinter dem DAX, sondern auch im Vergleich zu anderen Versicherungsaktien zurückhängt. Die Allianz-Aktien erwerben wir nun also recht günstig.

Mehr noch: Der bayerische Versicherer erwirtschaftet über die Hälfte seines Umsatzes im Geschäft Leben und Kranken. Dabei baut generell jeder Versicherer mit einem solchen Geschäftsfeld enorme Kapitalbestände auf, die dann nach einigen Jahren oder Jahrzehnten weitgehend an den Versicherungsnehmer zurückfließen. Dieses Geschäft war in den vergangenen Jahren für das Assekuranz-Unternehmen nur wenig lukrativ, da man diese Kapitalbestände kaum rentierlich verzinsen konnte.

Dabei half auch die Aktien-Hausse den Unternehmen der Branche nur mäßig, da man regelmäßig rund 90 % des Portfolios verzinslich am Renten- oder Immobilienmarkt anlegen muss. Im laufenden Jahr sind die Zinsen vor allem in den USA, aber auch in Europa praktisch explodiert.

Das ist keine Übertreibung: 2022 stellt für die Branche eine veritable Wende dar. Man kann nun wieder mit attraktiven Zinsen arbeiten und erzielt folglich wieder starke Renditen im eigenen Portfolio bzw. Deckungsstock. Diese Zinseffekte werden sich ab dem nächsten Jahr positiv auf das Ergebnis auswirken. Die Analysten erwarten, dass der Versicherer dann erstmals über 20 Euro je Aktie verdienen wird. Im beigefügten Datenkasten habe ich die Gewinnschätzungen für Sie zusammengefasst.

Die Dividende: Immer nur rauf, nie runter

Die Allianz pflegt bereits seit Jahrzehnten eine ausgesprochen anlegerfreundliche Dividendenpolitik. Dabei gilt: Idealerweise erhöht man die Dividende jährlich um mindestens 5 %. Ist eine Steigerung ausnahmsweise nicht möglich, bleibt die Dividende zumindest stabil. Das Management hat sich zudem verpflichtet, immer 50 % des Gewinns an die Anteilseigner auszukehren.

Wichtig für Sie: Gewinnschwankungen, die auf Einmalbelastungen beruhen, werden bei der Kalkulation der Dividende bereinigt. Weniger technisch formuliert: Die Rückstellungen für den Structured Alpha etwa haben sich nicht auf die Dividende ausgewirkt, da sie einmaliger Natur waren.

Ich erwarte, dass Allianz für das Geschäftsjahr 2022 wie im Vorjahr eine Dividende von 10,80 Euro je Aktie ausschütten wird. Die Mehrheit meiner Kollegen geht sogar von einer Ausschüttung von über 11 Euro aus. Somit starten wir in die Allianz-Aktie – auf Basis meiner vorsichtigen Prognose – mit einer Dividendenrendite von fast 6 %. In sehr absehbarer Zeit werden Sie mit dieser Aktie Dividendenrenditen zwischen 6,5 und 7 % quasi garantiert einfahren.   

Ich fasse zusammen: Die Fonds-Problematik hat der Allianz-Aktie eine lange Schwach-Performance beschert. Das Thema ist nun allerdings umfassend bereinigt. Mehr sogar: Die strategische Partnerschaft mit Voya Investment ist langfristig aussichtsreich. Am Markt wird dabei immer noch verkannt, dass Versicherer als große Kapitalsammelstellen typische Profiteure der Zinswende sind. Diese Kombination ist ein starkes Kaufargument.

Bitte beachten Sie, dass die Allianz in zwei Tagen (10. November) Quartalszahlen vorlegen wird. Möchten Sie auf Nummer sicher gehen, dann kaufen Sie erst nach Präsentation der Zahlen. Möglicherweise steigen Sie dann zwar etwas höher ein, haben dafür allerdings noch mehr Klarheit und Sicherheit.

Sie kaufen die Aktie der Allianz an praktisch jedem gängigen deutschen Börsenplatz oder im Direkthandel Ihrer Bank. Ich definiere zunächst ein Kauflimit von 187 Euro.

Allianz SE

WKN / ISIN:                       840400 / DE0008404005
Börsenplatz:                     Xetra
Limit:kaufen bis 187,00 EUR
Depot:                                Dividenden PRO+