Die australische Notenbank (Reserve Bank of Australia) hat heute Morgen unserer Zeit, den Leitzins erneut um einen Viertelpunkt angehoben. Die Investoren hatten einen größeren Zinsschritt eingeplant und waren am Ende sehr positiv gestimmt. So gingen die Aktien am anderen Ende der Welt steil. Per saldo machte der australische Leitindex binnen weniger Minuten fast 3,6 %.
Australien ist nicht der Nabel der Welt. Freilich zeigt die kleine Börsenrally, wie sehr die konzertierten Zinsschläge der führenden Notenbank den internationalen Aktienmarkt zuletzt belastet haben. Sobald die Notenbank einmal etwas lockerer lassen, atmet der Aktienmarkt sofort sichtlich auf.
Zumal wir durchaus die begründete Hoffnung haben dürfen, dass Australien kein Einzelfall bleiben wird. Ich erwarte, dass auch die US-Notenbank Fed die nächste Leitzinserhöhung flacher gestalten wird als die letzten beiden. Selbstverständlich ist das noch keine Zinswende. Aber den Höhepunkt der Zinserhöhungsdynamik dürften wir in den kommenden Wochen sehen.
Eine Einschränkung: Die EZB hat schon noch einige Arbeit sprich noch einige Zinsschritte größeren Ausmaßes vor sich. Schließlich meldeten die Euro-Statistiker zuletzt für die Gemeinschaftswährung eine satte Inflationsrate von 10 %. Trotzdem dürften sich ungefähr zur Jahreswende auch die Währungshüter der EZB etwas entspannen und uns weitere Zinshämmer à 0,75 % ersparen.
Der DAX hat auf diese aufgehellte Perspektive prompt reagiert und sich gestern und heute wieder klar über die Marke von 12.000 Zählern erhoben. Betrachten Sie hierzu bitte auch den Chart!
Chartkommentar: Dieser Anblick trübt die Freude zunächst. Es ist offensichtlich, der DAX bzw. der europäische Aktienmarkt hat nach dem Abverkauf der letzten Monate lediglich eine kleine Gegenreaktion. Der seit Jahresanfang aktive Abwärtstrend – hier rot eingezeichnet – ist unverändert intakt.
Hinzukommt, dass wir nächstens in die Berichtsaison zum dritten Quartal einsteigen werden. Mehrheitlich dürften die Unternehmen da eher schwaches Zahlenwerk präsentieren. Unklar ist zur Stunde zudem, wie lange oder tief die anlaufende Rezession der westlichen Volkswirtschaften ausfallen wird.
Eine rasche Trendwende ist in den kommenden Wochen also eher unwahrscheinlich. Folglich fragen sich viele Anleger, ob man allfällige Zwischenerholungen nutzen soll, um nochmals einige Depotpositionen zu verkaufen. Viele Privatanleger haben überhaupt noch kaum veräußert und finden folglich nur ihre Aktienquote im Rückblick zu hoch. Warum da nicht einige Aktien wegtun und das Versäumte nachholen?
Blicken Sie jetzt schon auf die bevorstehende Hausse!
Der Rückblick bringt Ihnen an der Börse wenig. Natürlich erkennt man ihm eigenen Depot sofort, was man im laufenden Jahr hätte besser machen können. So geht es Ihnen, so geht es mehr oder weniger allen Börsianern.
Stattdessen rate ich Ihnen, nun nach vorne zu blicken. Ich wiederhole mich: Noch ist die Korrektur nicht abgeschlossen. Gleichwohl haben wir – konservativ prognostiziert – rund 60 % der Baisse bereits hinter uns. Grundsätzlich gilt: Gerade wenn sich in Ihrem Depot zahlreiche Titel aus dem Trenddepot des RENDITE TELEGRAMM befinden, dann dürfen Sie Ihr Depot als attraktive Halte-Position betrachten. Es ist nicht mehr erforderlich, auf der Verkäuferseite aufzutreten. Ganz im Gegenteil, hier werden wir zu gegebener Zeit teils nochmals nachkaufen bzw. Bestandspositionen aufrunden.
Gleichwohl kann es sinnvoll sein, sich punktuell noch von einigen Schwachaktien zu trennen. Vor allem dann, wenn Sie den Verdacht haben, dass sich diese Papiere in der nächsten Haussephase nur unterdurchschnittlich oder vielleicht gar nicht erholen werden.
Welche Aktien können das sein? Welche Titel bleiben wahrscheinlich auch 2023 hinter dem breiten Markt zurück? Einige willkürliche Beispiele des internationalen Kurszettels:
Aus Deutschland missfällt mir gegenwärtig die Aktie des Gesundheitsdienstleisters Fresenius. Eigentlich ist das Unternehmen über jeden Zweifel erhaben. Allerdings hat das Krankenhaus-Geschäft 2020 und auch 2021 nachhaltig gelitten. Es wird für Fresenius ein langer Weg zurück.
Andere, allerdings nicht minder schwere Probleme hat meines Erachtens BASF. Das klassische Chemie-Geschäft wird sich im kommenden Jahr zwar erholen. Die Tochter Wintershall verfügt allerdings über Gasförderrechte in Sibirien. Ich sehe weiterhin ein bedeutendes Risiko, dass diese Förderrechte entschädigungslos durch den Kreml enteignet werden.
Zwei Beispiele aus den USA: Der Mischkonzern 3M ist in einen komplexen und potenziell jahrelangen Rechtsstreit verwickelt. Oder Intel: Der US-Chipdesigner hat technologisch betrachtet jeden Anschluss an die Weltspitze verloren. Ich kenne kaum noch eine komplexe Anwendung – ein Laptop ist keine mehr –, in der noch ein Intel-Chip verbaut wäre.
Sie erkennen das Prinzip: Fahnden Sie nach Unternehmen, deren Probleme sehr wahrscheinlich struktureller Natur sind, die mittel- und langfristig fortbestehen werden. Sie kennen die Nachrichtenlage in „Ihrem“ Unternehmen, und sobald Sie den Eindruck gewinnen, der Turnaround oder die Rückkehr zu alter Ertragsstärke wird lang und steinig, dann jetzt weg damit!
Es geht mir jetzt nicht darum, hier irgendwelche „schwarzen Listen“ von Unternehmen aufzustellen, die Ihr Depot vermeintlich ruinieren. Weder BASF, Fresenius oder Intel sind auf dem aktuellen Kurs für Sie gefährlich. Aber das allein kann uns als ambitionierter Investor nicht ausreichen. Denn wenn im November oder Dezember die Wende startet, möchte ich in meinem Depot nur solche Aktien sehen, die mit den anerkannten Leitindizes Schritt halten oder besser noch diese übertreffen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie anderer Meinung sind.
Zum Abschluss: Wann kommen die nächsten Empfehlungen? Wir sind momentan als Investoren in einer „interessanten“ Marktphase. Wer als Käufer zu früh „zuckt“, kann schnell prozentual zweistellig in den Miesen sein. Also disponiere ich momentan von Woche zu Woche. Diese Prognose traue ich mir allerdings zu: Ende Oktober haben Sie zwei neue Aktien im Depot. So plane ich eine neue Tech-Aktie für das Trenddepot und eine weitere Aktie für das Dividendendepot ProPlus. Mehr will ich noch nicht verraten.